Vortrag über Depressionen bei Kindern und Jugendlichen - Hinschauen und reagieren erforderlich
„Depressionen zählen zu den häufigsten Kinder- und jugendpsychiatrischen Erkrankungen“, so Dr. Gertraud Fridgen, Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Altötting am, 11. Juli im Stadtsaal Altötting. Den Fachvortrag über Depressionen bei Kindern und Jugendlichen hatte der Verein ProPräventiv im Landkreis Altötting gemeinsam mit der KEB Rottal-Inn-Salzach organisiert. 132 Besucher waren gekommen.
(Foto: Peter Hermann)
Im Kindesalter seien Mädchen und Jungen gleichermaßen betroffen, in der Pubertät steige bei Mädchen das Erkrankungsrisiko deutlich an, so Fridgen, die vorab die Symptome bzw. Krankheitsbilder erläuterte. Diese reichten von trauriger Grundstimmung, Interessenverlust, Freudlosigkeit bis zu somatischen Beschwerden wie Appetitlosigkeit, Schlafstörungen etc.
Ursachen von Depression können demnach sein: aktuelle belastende Lebensereignisse, chronische Überlastung, genetische Veranlagung, biografische zurückliegende Belastungen, hirnorganische Faktoren, schwere Kränkungen oder Verlusterlebnisse, perfektionistische oder ängstliche Persönlichkeit, körperliche Krankheiten, Armut, individuelle Belastungen, wenig Licht und Bewegung. Man unterscheide hier zwischen psychosozialen und neurobiologischen Aspekten. Demnach werde bei der Therapie zwischen Psychotherapie und Pharmakotherapie unterschieden. In einigen Fällen sei beides indiziert.
Depressionen bei Kindern und Jugendlichen würden leider häufig nicht erkannt, so Fridgen. Dabei spiele oft auch die Furcht vor Stigmatisierung eine Rolle. Die Fachärztin wies darauf hin, dass die Symptome im Kleinkind- und Vorschulalter, z.B. vermehrtes Weinen, innere Unruhe, Stimmungslabilität etc. seien. Bei Schulkindern kämen eher Denkhemmungen, unangemessene Schuldgefühle und mangelnder Selbstwert zum Tragen. In der Pubertät seien vermindertes Selbstvertrauen, Selbstzweifel und Selbstabwertung zu beobachten.
In der Diagnostik würden erst einmal körperliche Erkrankungen, wie Schilddrüsenunterfunktion etc. ausgeschlossen. Eigen- und Fremdanamnese, Selbst- und Fremdbeurteilungsbögen, Testdiagnostik und bei jüngeren Kindern Interaktionsbeobachtungen helfen, das Kind bzw.den Jugendlichen besser kennenzulernen. Je jünger das Kind ist, desto wichtiger sei es, Familie, Eltern und das soziale Umfeld einzubeziehen, oft auch durch Psychoedukation. Leichte depressive Episoden können ambulant behandelt werden. Schwere depressive Episoden mit Suizidgedanken oder psychotischen Anteilen benötigten zumindest initial eine stationäre Behandlung, die anschließend teilstationär oder ambulant fortgesetzt wird. Um Rückfälle nach Möglichkeit auszuschließen oder zu minimieren gebe es eine Rückfallprophylaxe und einen „Notfallplan“. Aber das Allerwichtigste ist laut Fridgen: „Schauen Sie hin, fühlen Sie sich zuständig und sprechen Sie die Situation an!“
Anschließend gab es Gelegenheit zur Diskussion. Auch am Ende des Vortrags nahm sich Fridgen Zeit, um alle persönlichen Fragen zu beantworten. Waltraud Himpsl-Philibert, Vorsitzende von ProPräventiv im Landkreis Altötting, freute sich über das große Interesse.